Schaut euch beim nächsten Spazieren gehen mal um.
Die ersten Frühlingsboten könnt ihr schon entdecken.
An den noch kahlen Haselsträuchern könnt ihr auf einmal lange gelbliche Haselkätzchen entdecken.
Die waren zwar vorher schon da nur sind sie euch vermutlich nicht aufgefallen, da sie unscheinbar in Farbe und Form am Strauch hingen.
Jetzt fangen sie an sich zu öffnen, werden länger und hervor kommt eine gelblichere Farbe.
Essbare Haselkätzchen – kleine Kraftpakete aus der Natur
Stärkung in der Erkältungszeit
Gerade jetzt, wo Erkältungen Hochsaison haben, können Haselkätzchen eine überraschend wohltuende Wirkung entfalten. Sie wirken fiebersenkend, stoffwechselanregend und schweißtreibend – Eigenschaften, die wir sonst eher von Heilkräutern wie Linden- oder Holunderblüten kennen. Eine selbstgemischte Teekombination aus diesen drei Zutaten kann in der kalten Jahreszeit eine echte Wohltat sein.
Blütenstaub: Segen und Fluch
Während der gelbe Blütenstaub der Haselkätzchen bald wieder in dichten Wolken durch die Luft schwebt – zum Leidwesen vieler Allergiker –, ist er für Bienen eine lebenswichtige erste Nahrungsquelle nach dem Winter. Aus diesem Grund sollten wir beim Sammeln achtsam und sparsam sein. Einige wenige Kätzchen reichen völlig aus – sie sind wahre Nährstoffbomben.
Nährstoffe und Genussideen
Haselkätzchen enthalten wertvolle Antioxidantien, Flavonoide und eine ordentliche Portion pflanzliches Protein. Warum also nicht einmal kreativ werden? Wie wäre es zum Beispiel mit selbstgemachten Proteinriegeln aus Haselkätzchen?
Roh kann man die Blütenstände durchaus snacken – allerdings sollte man keinen Geschmacksexplosion erwarten. Als Tee hingegen entfalten sie ein angenehm mildes Aroma.
Von Streckmehl bis Chutney
In früheren Zeiten, als Mehl knapp und teuer war, nutzte man Haselkätzchen (oder umgangssprachlich auch „Würstchen“) als Streckmehl. Die rein männlichen Blütenstände wurden gesammelt, getrocknet und gemahlen. So entstand ein nährstoffreiches Pulver, das man im Verhältnis 1:10 zum normalen Mehl beimischen konnte – ideal zum Backen, etwa für „Kätzchenkekse“.
Auch in der herzhaften Küche lassen sich Haselkätzchen generell einsetzen: kurz angebraten, in Chutneys oder eingelegt in Essig. Letzteres habe ich im letzten Jahr ausprobiert – geschmacklich war das Ergebnis allerdings nicht ganz überzeugend. Da gibt es tatsächlich andere Pflanzen, die mehr Geschmack auf den Teller bringen.
Die Hasel – Fruchtbarkeit, Lebenslust und kleine Wunder
Die versteckten Königinnen: Weibliche Haselblüten
Wenn man genau hinschaut, entdeckt man an manchen Knospen feine, rote Fäden, die neugierig aus ihrem Versteck hervorlugen. Diese zarten Gebilde sind die weiblichen Blüten des Haselstrauchs. Den ganzen Winter über schlummerten sie gut geschützt in den Knospen – nun strecken sie sich dem Wind entgegen, in der Hoffnung, etwas vom Pollen der männlichen Kätzchen zu erwischen. Gelingt die Bestäubung, entwickeln sich daraus im Laufe des Jahres die köstlichen Haselnüsse, die wir im Herbst voller Vorfreude sammeln und knacken dürfen.
Fruchtbarkeitssymbol und Liebesgeheimnis
Die Hasel galt seit jeher als Symbol für Fruchtbarkeit und Lebenskraft. In alten Zeiten glaubte man sogar: Gibt es besonders viele Haselnüsse, ist im folgenden Jahr mit einem Anstieg unehelicher Kinder zu rechnen. Kein Wunder also, dass der Ausdruck „in die Haseln gehen“ sinngemäß für ein heimliches Tête-à-Tête im dichten Schutz der Haselsträucher stand.
Rinde und Kätzchen wurden früher auch als natürliches Aphrodisiakum genutzt – ein Umstand, der Hildegard von Bingen als katholische Ordensfrau dazu veranlasste, sich klar gegen ihre Verwendung auszusprechen.
Unbezwingbare Kraft aus der Natur
Die Lebensenergie der Hasel zeigt sich auch in ihrem Wuchs: Schneidet man sie radikal zurück, treibt sie im nächsten Jahr kraftvoll wieder aus – als wäre nichts gewesen. Sie hat einen beinahe unbändigen Drang zu leben und lässt sich kaum dauerhaft verdrängen, wenn sie einmal einen Platz für sich gefunden hat. Aber warum sollten wir das überhaupt wollen? Die Hasel schenkt uns so viel.
Ein Alleskönner im Jahreslauf
Von den heilkräftigen Kätzchen im zeitigen Frühjahr über die essbaren Blätter, nährstoffreichen Nüsse bis hin zu den biegsamen Ruten, die sich hervorragend für Stockbrot am Lagerfeuer eignen – der Haselstrauch begleitet uns durch das ganze Jahr und bereichert unser Leben auf vielerlei Weise.
Haselknospen in der Gemmotherapie
Ein spannender Exkurs führt uns in die Gemmotherapie – eine noch recht junge Richtung der Pflanzenheilkunde, bei der Extrakte aus frischen Knospen, Triebspitzen und jungen Schösslingen verwendet werden. Diese Pflanzenteile gelten als besonders wirkstoffreich, da sie das gesamte Entwicklungspotenzial der Pflanze in sich tragen.
Haselknospen kommen in der Gemmotherapie vor allem bei chronischen Atemwegserkrankungen zum Einsatz – sie sollen regulierend und stärkend auf das Bronchialsystem wirken. Wer hingegen beim Gedanken an Haselpollen schon niesen muss, dem empfiehlt die Gemmotherapie eher die Schwarze Johannisbeere. Sie gilt als pflanzliches „Kortison“ und kann bei allergischen Reaktionen lindernd wirken.
Vielleicht einfach mal ausprobieren – am besten, bevor die Pollen richtig durchstarten.
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